Drehbuchautorin

Drehbuchautorinnen Sandra Bohle und Kathrin Resetarits bei einem Podiumsgespräch zum Drehbuch von Licht. (c) Drehbuchforum

Drehbuchautorinnen Sandra Bohle und Kathrin Resetarits bei einem Podiumsgespräch zum Drehbuch von Licht. Foto © Drehbuchforum

Die Drehbuchautorin schreibt den Film. Ohne Drehbuch – kein Film! Das Drehbuch ist die Partitur des Films, die Verbindung aller Elemente des Films zu einer stimmigen Komposition. Das Drehbuch wird von den künstlerischen Mitarbeiterinnen interpretiert.

Die Arbeit an einem Drehbuch vollzieht sich in der Regel in mehreren Etappen. Sie schlagen sich in unterschiedlichen literarischen Formen nieder und münden in der Kunstform Drehbuch.

Die Drehbuchautorin arbeitet in der Regel schon frühzeitig mit Redakteurinnen, Produzentinnen und Producern zusammen. Sie formulieren ihre Erwartungen an die Geschichte und den fertigen Film und sind der Drehbuchautorin kritische Gesprächspartnerinnen. Die Regisseurin als die Urheberin der Inszenierung ist ebenfalls eine wichtige Gesprächspartnerin der Filmautorin. Thema, Handlung, Figurenentwicklung, Dialoggestaltung, inhaltliche Aussage sind Teil der geistigen Schöpfung, die die Autorin erbracht hat und die die Regisseurin in ihrer Inszenierung interpretiert.

Drehbuchautorinnen Sandra Bohle und Kathrin Resetarits bei einem Podiumsgespräch zum Drehbuch von Licht. (c) Drehbuchforum
Drehbuchautorin Corinna Antelmann Foto © Elisa Antelmann
AUFGABEN

1. Recherche
Von allen Künsten ist der Film das Medium, das sich am genauesten und vielfältigsten auf Wirklichkeit bezieht. Erst auf der Basis präziser Beobachtung und Sachkenntnis werden daher Personen und Konflikte glaubhaft, lassen sich aussagekräftige Schauplätze finden und ebenso wie Requisiten effektiv in die Geschichte einbeziehen. Die Drehbuchautorin muss ihre Vorstellungen z.B. von den Berufen und dem Alltag der handelnden Personen und allen Aspekten der Wirklichkeit, die in seiner Geschichte vorkommen, ständig überprüfen. Neugier und ein unverstellter Blick auf Realität sind Teil ihrer Profession. So vermeidet sie Klischees und lässt das Publikum an Erfahrungen teilhaben.

Dazu muss die Filmautorin in der Lage sein, sich Sachkenntnisse über den Gegenstand zu verschaffen, von dem ihre Geschichte handeln soll. Besonders wenn Stoffe nicht aus der Lebenswelt der Autorin stammen, können die erforderlichen Recherchen sehr umfangreich sein. Dazu können Gespräche mit Expertinnen ebenso gehören wie das Studium von Fachliteratur oder das Eintauchen in ein Milieu.

 

2. Exposé
Das Exposé enthält die Idee der Geschichte, den künstlerischen Einfall, der das Interesse des Publikums wecken wird, und die erste Fixierung der Grundelemente, aus denen die Geschichte geformt werden soll:
– Ort und Zeit
– Hauptfiguren
– Blickwinkel, unter dem erzählt wird
– der Konflikt, um den es in der Geschichte geht
– kurze Beschreibung der herausragenden Entwicklungen des Plots
– Höhepunkt und Schluss der Geschichte.

 

3. Treatment
Oft schließt an das Exposé eine ausführliche Filmerzählung an: das Treatment. Es ist beschreibend, kommt noch ohne Dialoge aus, enthält bereits die Handlungsstränge, Schlüsselszenen und Schauplätze. Stärker als im späteren Drehbuch kann die Autorin in der Filmerzählung ihre Hauptfiguren psychologisch ausdeuten, Facetten ihrer Charaktere ausprobieren, ohne sie durch einen konkreten Dialog oder eine konkrete Handlung zu belegen. Deutlich wird, wie Handlungslinien sich miteinander verbinden. Eine Norm, wie ein Treatment auszusehen hat, gibt es ebenso wenig wie für das Exposé.

 

4. Drehbuch
Das Drehbuch enthält in der Regel alle Dialoge, Deskriptionen der Schauplätze und räumlichzeitlichen Abläufe, ferner Angaben über aussagekräftige Requisiten, Kostüme, über Töne, Geräusche und Musik, Licht, Stimmungen, Farben.

Jedes Drehbuch erzählt eine Geschichte (in diesem Sinne ist es ein abgeschlossenes Werk) und ist zugleich eine Handlungsanweisung (in diesem Sinne ist es integraler Bestandteil des zu schaffenden Films). Eine technische Besonderheit des Drehbuchschreibens ist darum die parallele Schreibweise: Es trennt deutlich zwischen visueller und akustischer Ebene, zwischen bildbeschreibender und figurenzentrierter Dialog-Ebene.

Das Drehbuch verzichtet auf die Auflösung in detaillierte Kameraeinstellungen. Implizit sind solche Kameraeinstellungen im Drehbuch als Handlungsanweisungen sehr wohl enthalten. Die Drehbuchautorin hat für alle nicht sichtbaren Gefühle, Gedanken, Stimmungen ihrer Figuren sichtbare oder hörbare, d.h. sinnlich wahrnehmbare Äquivalente geschaffen.

Gleichzeitig arbeitet das Drehbuch mit den Gesetzmäßigkeiten eines dramatischen Kunstwerkes. Es muss ihnen nicht einfach folgen, es kann damit auch spielen. Aber die Autorin muss sie kennen und bewusst benutzen. Ebenso sollten sie dem Leser eines Drehbuches vertraut sein. Die Drehbuchautorin legt fest, was der Charakter tut, um sein gestecktes Ziel zu erreichen. Sie entwickelt Nebenhandlungen, die den Konflikt der Hauptfigur spiegeln, führt die Charaktere in eine Reihe von Krisen, vertieft unsere Erwartungen, die wir an die Figuren knüpfen. Sie vermittelt die notwendigen Hintergrundinformationen, vor allem aber auch ein Gefühl für den Stil, in dem die Geschichte erzählt wird (z.B. für das Genre). Dazu gehören auch bevorzugte Stilmittel der Autorin des Films: z.B. eine Erzählerstimme, Rückblenden, eine episch angelegte oder dramatisch akzentuierte Geschichte.

Die Drehbuchautorin schafft in der Geschichte, die sie erzählt, eigene Symbolwelten, indem sie Gegenstände, Geräusche, Musik, Bewegungen etc. mit Bedeutung auflädt. Sie charakterisiert Figuren durch eine individuelle Sprache. Dazu gehört auch der Subtext, die versteckte bewusste oder unbewusste Absicht hinter den Worten. Das, was die Filmautorin die Figuren sagen lässt, ist nicht immer identisch mit dem, was sie kommunizieren. Unter der Oberfläche versteckt sich eine andere Bedeutung.

Das Drehbuch definiert den personellen, technischen und ökonomischen Aufwand des Herstellungsprozesses. Dazu gehören Dekoration, Kostüme, Ausstattung usw. Das Drehbuch enthält alle wesentlichen Elemente des künftigen Films und berücksichtigt filmische Notwendigkeiten. Es bildet die Arbeitsgrundlage für die Vorbereitung und eine Handlungsanweisung für das Drehen des Films. Daher geht das Drehbuch in den Film ein und ist als konstitutiver Bestandteil nicht von ihm zu trennen.

ANFORDERUNGEN

Generelle Anforderungen sind vielfältig und schwer zu verallgemeinern. Ein ausgeprägtes Sprachgefühl, schriftstellerisches Talent, eine umfassende Allgemeinbildung, gutes Einfühlungsvermögen in andere, visuelle Vorstellungskraft sind sicherlich Eigenschaften von erfolgreichen Drehbuchautorinnen.

AUSBILDUNG

Schreiben lernt man, indem man schreibt. An den meisten Filmhochschulen ist Drehbuch eine eigene Studienrichtung. Dort wird unter anderem das handwerkliche Rüstzeug vermittelt, Talent kann man nicht lehren. Sinnvoll für das Geschichten-erzählen ist im Prinzip auch jegliches Spezialwissen, jede Form von Erfahrung. Alles kann für die Arbeit nutzbar gemacht werden.