Filmeditorin / Filmschnitt / Cutterin
Die Begriffe Schnitt, Montage und Editing beschreiben die vielschichtige und komplexe Arbeit der Filmeditorin. Jeder dieser Begriffe verweist auf einen Teilbereich der Arbeit, zusammen veranschaulichen sie die wesentlichen Aspekte des kreativen Arbeitsprozesses: Auswahl, Zusammenstellung und Timing. Die einzeln gedrehten Aufnahmen werden im Schnitt zu einer filmischen Kontinuität verknüpft – zu einer emotional und intellektuell nachvollziehbaren Synthese.
Das Schneiden war besonders zu Zeiten des analogen Schnitts (mit physischem Filmmaterial) der offensichtlichste Teil der Arbeit. Aber auch heute hat sich daran trotz digitaler Files und Computer-Schnittprogrammen nur technisch – nicht aber inhaltlich – etwas geändert: die Auswahl des besten bzw. das Ausmustern des weniger guten Materials, das Bestimmen der jeweiligen Einstellungslänge und die Reihung bzw. Verknüpfung der einzelnen Takes.
Aber auch weniger offensichtliche Arbeitsschritte liegen im Verantwortungsbereich der Filmeditorin, wie die Optimierung der dramaturgischen Erzähl- und Spannungsbögen, die Präzisierung der Geschichte und das Herausschälen der übergeordneten Erzählung. Die Filmeditorin beurteilt in variierend enger Zusammenarbeit mit der Regie die Wirkung von Einstellungen, Szenen und des gesamten Erzählbogens und montiert aufgrund dessen den endgültigen Ablauf der Einstellungen.
Nicht funktionierende Handlungsabläufe oder Durchhänger im emotionalen Bogen der Erzählung und in der Spannung werden identifiziert und alternative Lösungen dafür gesucht. Das winzigste Detail ist genauso wichtig wie das große Ganze.
So entsteht Film zu einem wesentlichen Teil durch die Montage: aus Bild- und Tonfragmenten wird eine Konstruktion, werden Erzählstränge, Gefühle, Sinnzusammenhänge.
Vor allem der Dokumentarfilm, wo es kein fixes Drehbuch geben kann und wo oft nur lose Konzepte vorliegen, entsteht zum größten Teil im Schnittprozess. Wie eine Bildhauerin schlägt die Editorin die Erzählung aus dem Rohstoff des Materials.
AUFGABEN
In der Dreh-Vorbereitung
Die Filmeditorin wird in der Vorbereitungszeit meist herangezogen, um das Drehbuch auf Länge, Rhythmus und die dramatische Struktur zu untersuchen und sich gegebenenfalls durch Lesen von Grundlagenliteratur (inhaltlich), Überlegungen bezüglich spezieller Schnitttechniken (technisch) darin einzuarbeiten.
Es werden Vorgespräche mit Regie und Produktion geführt, um abzuklären, auf welchem Schnittsystem (Avid, Final Cut, Premiere, etc.) gearbeitet wird, einen Zeitplan zu erstellen und die Modalitäten einer Schnittassistentin zu vereinbaren. Außerdem wird mit der Regisseurin die Auflösung (die Umsetzung des Drehbuchs / der Idee in Bildsprache) besprochen und das künstlerische Konzept der Montage entworfen.
Während der Drehzeit
In der Regel erstellt die Filmeditorin schon während der Dreharbeiten eine Vor-Auswahl des gedrehten Materials – in Rücksprache mit Regie und zumeist auch Kamera– und montiert einen ersten Rohschnitt in Abwesenheit der Regie. Dies ist von großem Nutzen, da es in dieser Zeit klar werden kann, dass für die Erzählung wichtige Stränge fehlen oder in die falsche Richtung laufen oder überflüssig sein können. In früher Absprache zwischen Regie und Schnitt kann so bestimmt werden, wo nachgedreht, nachjustiert und umdisponiert werden muss. Auch kann beim Rohschnitt die grundsätzliche Kompliziertheit des Materials eingeschätzt und eine eventuelle Korrektur der Schnitt-Zeit-Planung veranlasst werden.
Nach der Drehzeit
Nach Beendigung der Dreharbeiten bzw. des Rohschnitts intensiviert sich der Dialog mit der Regisseurin und durch dramaturgische Umstellungen, Streichungen, Verlängerungen, Kürzungen etc. entsteht die endgültige Gestalt des Films. Bei der Montage handelt es sich also um eine enge Zusammenarbeit von Regie und Schnitt (sofern die Regie und die Produktion nicht die Hauptverantwortung der Editorin übergeben und erst das fertige Produkt abnehmen) bei der es um rhythmische, in großem Maße aber um dramaturgische und erzählerische Fragen und Entscheidungen geht. Im Feinschnitt, dem letzten Schliff, legt die Filmeditorin durch diffizile Verlängerungen oder Kürzungen und Feilung der Übergänge den finalen Erzählrhythmus fest. Die Tongestaltung und der Einsatz von Musik fallen in den Verantwortungsbereich der Filmeditorin, sofern diese die Dramaturgie der Erzählung beeinflussen. Die technische Bearbeitung und kreative Gestaltung des Zusammenklangs der unterschiedlichen Tonebenen (Dialog, Geräusche, Effekte, Athmosphären etc.) werden meist – vor allem beim Kinofilm – von einer Sound Designerin übernommen. Zusätzlich muss die Filmeditorin durch Kommunikation mit den einzelnen Departments der Postproduktion zu einer reibungslosen Endfertigung beitragen.
Bei der Erstellung von VFX-Einstellungen und Titeln obliegt es der Filmeditorin in Zusammenarbeit mit der Regisseurin, die entsprechenden Fachleute künstlerisch und terminlich zu koordinieren. Dasselbe gilt für den Tonbereich (Filmmusik, Tonschnitt).
Die letzten Arbeitsschritte der Filmeditorin sind die Begleitung der Mischung und die technische Endabnahme der DCP oder Filmkopie.
ANFORDERUNGEN
Um dies bewerkstelligen zu können, braucht die Filmeditorin ein hohes Maß an dramaturgischem Verständnis, optische und akustische Vorstellungskraft, Musikalität, Flexibilität, Konzentrationsfähigkeit und vor allem Einfühlungsvermögen in die Konzepte von Drehbuch und Regie ebenso wie in die Emotionen der Zuschauerinnen bei gleichzeitiger kritischer Distanz zum Material. Das emotionale, empathische Verständnis ist genauso wichtig wie die intellektuelle Analysefähigkeit. Die Offenheit der Wahrnehmung und die Freiheit in der Beurteilung stehen jedoch an oberster Stelle.
AUSBILDUNG
An den meisten Filmhochschulen ist Schnitt eine eigene Studienrichtung.